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Trainieren statt operieren

Ein Bänderriss beim Volleyballspiel. Die ärztlichen Kollegen raten zur Operation. Dr. Frank Horlbeck, selbst Arzt und seit 1998 Kieser Training-Franchisenehmer, entscheidet sich dagegen. Er setzt ausschließlich auf Muskeltraining und erzählt im Interview, wie es funktioniert hat.

Name: Dr. Frank Horlbeck

Geburtsdatum: 12.02.1961

Beruf: Arzt mit Privatpraxis für Medizinische Kräftigungstherapie, Franchisenehmer und Geschäftsführer bei Kieser Training an 16 Standorten in Deutschland, Geschäftsführer einer Chemnitzer Werbeagentur

Hobbys: Lesen, Reisen, Radfahren, Tauchen, Skifahren, Filmen, Kochen und guter Wein

Kraft bedeutet für mich: eine essenzielle Grundlage für unser Leben.

Was hat es mit dem Kniemodell auf sich, das Sie auf dem Foto zeigen?

Ich hatte 1996 und 2004 jeweils einen Kreuzbandriss, zuerst am rechten und danach am linken Knie. Kollegen empfahlen mir, mich sofort operieren zu lassen. Ich war aber etwas feige und versuchte es statt einer Operation mit gezieltem Muskelaufbau. Die Kreuzbänder verbinden im Knie den Oberschenkelknochen und das Schienbein. Reißt ein Band, wird das Knie instabil. Ziel der Behandlung ist es , die Gelenkfunktion wiederherzustellen. Etwa zwei Drittel der Bänderrisse werden heute operiert. Dabei wird das geschädigte Band durch ein Sehnentransplantat ersetzt. Vor allem bei jüngeren, aktiven Menschen ist diese Methode der Standard. Die Betroffenen sollen wieder Sport treiben können. Und das ohne Gefahr von Langzeitschäden, wie zum Beispiel Knorpelabnutzung. Diesen etablierten Weg nicht zu gehen, war für mich eine Black Box. Ein Selbstversuch mit ungewissem Ausgang. Über 20 Jahre hat es bisher bestens funktioniert. Ich bin beschwerdefrei und kann heute wieder Skifahren wie früher.

Wie war das beim ersten Kreuzbandriss?

1996 war ich Stationsarzt in einer Klinik für Innere Medizin und Psychosomatik in Chemnitz. Zum Behandlungskonzept gehörte auch Sport. Körperliche Aktivität kann Schmerzen unterdrücken und hilft dabei, nicht so viel über Krankheiten zu grübeln. Zur Klinik gehörte ein Volleyballplatz. Als es passierte, habe ich dort mit Patienten gespielt. Ein Sprung am Netz – und es klang beim Aufkommen, als würde ein Gummi reißen. Dumm gelaufen. Ich konnte nicht mehr auftreten. Schmerzen hatte ich anfangs keine. Nach zwei Stunden wurde das Knie aber dick und heiß. Ich habe das Bein hochgelagert, die Eiswürfel der gesamten Klinik verbraucht und bin trotzdem durch die Nachtschicht gehumpelt. Am nächsten Tag beim MRT (Magnetresonanztomographie) bekam ich die Gewissheit, dass das vordere Kreuzband gerissen ist.

Kann ein Kreuzbandriss von selbst heilen?

Das Kreuzband wird von einer Hülle umgeben. Die Strukturen darin können sich teilweise regenerieren, wenn bei einem Riss Faseranteile intakt bleiben. Aber die Bänder sind nicht mehr so stabil wie vorher. Eine starke Oberschenkelmuskulatur muss das kompensieren. Das gilt übrigens auch für alle, die operiert wurden. Je nach Verletzungsmechanismus kann es aber zu einer Schädigung weiterer Strukturen im Knie kommen. Das therapeutische Vorgehen muss deshalb immer individuell beurteilt werden.

Das Training

Frank Horlbeck trainiert einmal pro Woche hochintensiv. Da der Trainingsreiz stark ist, braucht er sieben Tage zum Regenerieren. Im Fokus stehen bei ihm die Körpermitte, der Rücken und – nach zwei Kreuzbandrissen an den Knien – die Beine. Dazu reichen sechs Maschinen aus, die mehrere Muskeln und Gelenke zugleich trainieren. Die Übungen werden akkurat ausgeführt, weil die Kunden kritisch beobachten, ob der Doktor auch Vorbild ist.


Warum haben Sie sich die beiden Male nicht operieren lassen?

Zum einen, weil jede Operation auch ein Risiko ist und zum anderen, weil diese nicht garantiert, dass man danach wieder den vollen Bewegungsumfang und Schmerzfreiheit erreicht. Auch hatte ich keine zusätzlichen Schäden im Knie. Etwa sechs Wochen nach den Unfällen begann ich vorsichtig mit dem Training der Beinmuskulatur. Nach einem Vierteljahr fühlte sich das Knie wieder so stabil an wie vor der Verletzung. Acht Jahre später ging dann das vordere Kreuzband im anderen Knie kaputt. Da kollidierte ich beim Skifahren mit einem Snowboarder. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich schon Kieser Training nutzen. Die Maschinen erlauben eine präzise Einstellung des Widerstandes und ein fast gradgenaues Anpassen des Bewegungsumfanges. Die geführten Bewegungen und die anatomisch exakte Fixierung waren optimal für eine erfolgreiche Rehabilitation.

Sind Ärzte als Patienten ängstlicher?

Das mag im Einzelfall so sein. Ich selbst bin kein Hypochonder. Aber man weiß als Arzt, dass mit vielen Behandlungen gutes Geld verdient wird und dass der Körper manchmal einfach Zeit braucht, um zu heilen. Der Anteil des Arztes oder der Medizin allgemein ist oft nicht so groß, wie die Menschen glauben. Selbstheilung spielt eine wichtige Rolle. Deshalb war ich zögerlich und habe lieber erstmal abgewartet. Im Jahr 2010 wurde übrigens eine interessante Studie veröffentlicht. Skandinavische Wissenschaftler untersuchten, ob die sofortige Operation oder eine konservative Behandlung bessere Ergebnisse nach einem vorderen Kreuzbandriss zeigen. 24 Monate nach der Verletzung waren die Ergebnisse identisch.

Am Ende Ihrer Mails steht: „Bleiben Sie stark!“ Warum?

Der Wunsch drückt meine Lebenseinstellung aus. Darum bin ich auch bei Kieser Training. Wer körperlich stark ist, bleibt auch mental fit. Ich möchte die Menschen motivieren, sich mit dem Muskeltraining auseinander zu setzen. Den eigenen Körper in Schuss zu halten kann eine ganze Apotheke ersetzen. Was ist denn wertvoller als die Gesundheit? Also ran an die Eisen, es ist ein tolles Gefühl, ein starker Mensch zu sein.

Welches Thema beschäftigt Sie gerade am meisten?

Kunden aller Altersgruppen für Kieser Training zu gewinnen. Im Mittel sind unsere Aktiven in Chemnitz 60 Jahre alt. Das ist einerseits sicher ein Qualitätsmerkmal: Wir können ältere und chronisch kranke Menschen hervorragend betreuen, die oft anspruchsvoller sind und Angst haben, sich beim Training etwas kaputt zu machen. Sie fühlen sich bei uns sicher und vertrauen dem Personal. Oft besteht auch ein gewisser Leidensdruck: Die Belastbarkeit schwindet und viele fragen sich, ob die Kraft noch reicht für die große Reise, für das Fußballspiel mit den Enkeln oder einfach nur für den Alltag. Aber warum kommen sie erst jetzt? Wer mit 40 Jahren im Büro sitzt, kann weniger fit sein als aktive Senioren. Die Belastung verschwindet mehr und mehr aus unserem Leben, Zivilisationskrankheiten nehmen zu. Wer seine Muskeln trainiert, hat ein geringeres Risiko, an Diabetes und Krebs zu erkranken, schützt Knochen, Gelenke und Wirbelsäule. Wer früher anfängt mit dem Training, hat mehr Reserven fürs Alter und statistisch eine höhere Lebenserwartung. Ein starker Körper ist wie ein Jungbrunnen. Ich versuche darum, die Menschen für Kieser Training zu motivieren, bevor sie zum Arzt müssen. Sorry, liebe Kollegen.

Text: Monika Herbst
Foto: Verena Meier