Rücken
Blockierungen
Ein Interview mit Dr. med. Martin Weiß, Arzt für Allgemeinmedizin und Chirotherapie.
Was versteht man unter Blockierungen?
Wirbelblockaden, Wirbelblockierungen, Wirbelgelenkblockaden – all diese Begriffe stehen für reversible, funktionelle Störungen der Wirbelsäule, bei denen die Beweglichkeit eingeschränkt oder aufgehoben ist. Sie können in allen Wirbelgelenken sowie an den gelenkigen Verbindungen zum Kopf, zu den Rippen und zum Becken auftreten. Zu den wichtigsten Ursachen zählen: körperliche Inaktivität, mangelnde muskuläre Stabilisierung und muskuläre Dysbalancen sowie eine überwiegend sitzende Lebensweise.
Welche Symptome sind typisch?
In der blockierten Region treten Schmerzen auf, deren Intensität sich ständig ändert. Sprich: Die Beschwerden kommen und gehen. In guten Tagen können sie fast verschwinden, um bei einer vermeintlich falschen Bewegung wieder aktiviert zu werden. Bewegt man sich, gehen die Schmerzen zurück. Sitzt, steht oder liegt man dagegen lang, nehmen die Schmerzen zu. Das kann beispielsweise den Schlaf erheblich stören. Häufig strahlt der Schmerz in Arme und Beine oder in den Brustkorb – vor allem in die Herzregion. Während ein Bandscheibenvorfall immer einseitig in ein Bein oder in einen Arm strahlt, strahlt der Schmerz einer Blockade eher beidseitig in beide Beine und Arme. Bei Halswirbel-Blockaden können Kopfschmerzen, Schwindel und Ohrensausen vorkommen.
Was sind die Folgen?
Ohne klare Diagnose bleibt der Behandlungserfolg aus. So kann sich beispielsweise das Becken "verwringen", weshalb die Beine vermeintlich unterschiedlich lang sind. Häufig werden dann Einlagen verordnet. Strahlt der Schmerz beispielsweise von der Brustwirbelsäule in die Herzgegend oder in die Arme aus, zieht das oft unnötige Untersuchungen nach sich, da Herzprobleme vermutet werden. Wird die Blockade nicht gelöst, resultiert daraus ein Teufelskreis von Schmerz, Verspannung, Schmerz. Der Betroffene ist zunehmend verunsichert. Und häufig steht am Ende eine unsinnige Verordnung von Psychopharmaka.
Lassen sich Blockierungen durch Kieser Training lösen?
Ja und nein. Einerseits können bestehende Blockierungen durch den mobilisierenden Effekt beim Training gelöst werden, andererseits können sie auch schmerzhaft aktiviert werden. Das kommt ganz auf die Region an. Blockierungen der Halswirbelgelenke, der mittleren und oberen Lendenwirbelgelenke lösen sich beispielsweise durch das Training häufig. Bei Blockierungen der Rippenwirbelgelenke gelingt das eher selten und bei Blockierungen der unteren Lendenwirbelsäule und der Iliosakralgelenke praktisch nie.
Was empfehlen Sie?
Zu einer erfolgreichen Behandlung gehören drei Dinge:
1. eine schonende Manuelle Therapie, 2. eigene Mobilisierungsübungen und für den langfristigen Erfolg 3. unbedingt ein stabilisierender Muskelaufbau. Letzterer ist elementar, da die Muskulatur Wirbelsäule und Gelenke stabilisiert. Das reduziert langfristig das Risiko von Blockierungen.
Wenn sich eine Blockade löst, kracht es manchmal im Gebälk. Woher rührt das Geräusch?
Geräuschphänomene entstehen durch einen plötzlichen Unterdruck während der Manipulation der kleinen Gelenke der Wirbelsäule und der Rippen-Wirbel-Gelenke – so wie das Geräusch beim Abziehen eines Saugnapfs. Diese Geräusche treten bei sanften manuellen Techniken allerdings nur selten auf.