Zivilisationskrankheiten

Trainieren beim Infekt?

Wer chronisch gestresst ist, ist anfälliger für Infekte. Und auch bei Schmuddelwetter hat es einen schnell erwischt. Doch wann ist es Zeit für eine Trainingspause und wann darf man wieder loslegen? Der Mediziner Dr. med. Martin Weiß gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Darf ich mit einem Infekt trainieren?

Es ist nicht einfach, einen banalen Infekt von einer Corona-Infektion zu unterscheiden. Konkret bedeutet das einen Trainings-Stopp: Wenn Sie Anzeichen eines Infektes spüren, sollten Sie zu Hause bleiben, Ihren Arzt oder Ihre Ärztin kontaktieren und mit ihm oder ihr abstimmen, wie es weitergeht. So tragen Sie dafür Sorge, dass Sie weder sich noch andere gefährden. Ob Sie den Corona-Virus in sich tragen, verrät am zuverlässigsten ein zweifacher PCR-Test. Ich empfehle in jedem Fall eine Impfung. Grundsätzlich fordert die Frage „Trainieren oder nicht trainieren“ von uns allen ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein.

Was passiert im Körper, wenn ich trotz eines Infektes trainieren würde?

Fakt ist: Unsere Infektabwehr steigern wir nur an gesunden Tagen durch ein regelmäßiges Training. Sind wir krank, ist Pause angesagt. Ein Infekt ist ein Stressor für den Körper und schon bei einer banalen Erkältung braucht unser Körper all seine Kräfte für die Immunabwehr. Kommt Krafttraining als Stressor hinzu, schwächt dies den Körper zusätzlich und wirkt kontraproduktiv. Tatsächlich erlebe ich immer wieder Menschen, die bei einem beginnenden Infekt erst einmal eine stramme Bergtour machen. Am nächsten Tag fühlen sie sich oft besser. Das lässt sich so erklären: Wenn wir uns körperlich auf hohem Niveau aktivieren, schmeißen wir das Myokinsystem an. Der Muskel schüttet Botenstoffe mit hormonähnlicher Wirkung aus. Einer dieser Stoffe ist Interleukin-6. Von ihm wissen wir, dass er hilft, einen Infekt zu überwinden. Trotzdem ist körperliche Aktivität bei einem Infekt ein Ritt auf der Rasierklinge. Im seltenen Fall kann es nämlich zu einer Myokarditis kommen, d. h. zu einer Herzmuskelentzündung.

Bei welchen körperlichen Anzeichen sollte ich das Training einstellen?

Bei erhöhter Körpertemperatur bzw. Fieber. Was viele nicht wissen: Schon bei einer Temperatur von 37,5 °C ruft der Körper nach Ruhe und Schonung. Nun haben wir nicht alle die gleiche Grundtemperatur. Deswegen sollten Sie auf den eigenen Körper hören. Wenn Sie sich schon bei 37,3 °C ausgelaugt und schlapp fühlen, ist es besser, auf jede Art körperlicher Aktivität zu verzichten. Wer dennoch trainiert, riskiert eben eine Myokarditis. Und die ist potenziell lebensgefährlich. Durch eine Trainingspause lässt sich das einfach vermeiden.

Apropos Trainingspause: Wann darf ich wieder starten?

Wurde eine Myokarditis diagnostiziert, dürfen Sie sechs Monate weder trainieren noch körperlich aktiv sein. Bei einem Infekt sollte das Fieber mindestens drei Tage abgeklungen und der gute Allgemeinzustand wiederhergestellt sein. Ganz wichtig für den Einstieg nach einer Krankheit oder Pause: Bitte die Trainingsgewichte reduzieren. Als Richtwert gelten 10 bis 20 Prozent, wobei dies von der Art der Erkrankung und der Länge der Trainingspause abhängt. Am besten halten Sie Rücksprache mit einer/einem unserer Instruktor*innen.


Interview: Tania Schneider mit Dr. med. Martin Weiß

Zugehörige Beiträge

Welche Auswirkungen hat Kieser Training auf Kopfschmerzen?

Welche Auswirkungen hat Kieser Training auf das Burn-Out-Syndrom?

Was kann man tun bei Senk-, Knick-, Platt- oder Spreizfüßen?

Den Beckenboden sollte jeder trainieren – am besten schon in jungen Jahren

Nackenschmerzen: Digitaler Wandel birgt körperliche Folgen

Der Läufer und sein Knie

Lieber ’nen starken Nacken als ’nen dicken Hals

Morgens immer müde?

Was tun bei Bluthochdruck?

Die Psyche

Das Bild zeigt das Icon eines Kopfes. Darin eingezeichnet ist ein Gehirn. In der Mitte des Gehirns ist ein medizinisches Kreuz.

Welche Auswirkung hat Kieser Training eigentlich auf unsere Psyche?

Trainierte Muskeln stärken auch unsere Abwehrkraft

Training beim Impingement? So gelingt’s!

Wodurch fühlen Sie sich aktuell am stärksten gestresst?

Warum sich Kieser bei Arthrose lohnt